Regional optimal: Ostmecklenburgisches Bahnwerk - Service für die Schiene
Neustrelitz (bw). In Neustrelitz geben sich seit Jahren private Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen die Klinke in die Hand. Denn hier im Bahnwerk der Residenzstadt werden Eisenbahnfahrzeuge unterschiedlichster Baureihen gewartet und instandgesetzt oder erhalten eine turnusmäßige Überprüfung. Trotz guter Auslastung stand das vom Netinera-Konzern geleitete Werk jetzt vor dem Aus. Um dies abzuwenden, hat sich die BTH Beteiligungs GmbH aus Putlitz entschlossen, den Standort zu übernehmen und hält seit Jahresbeginn 51 Prozent der Anteile am Neustrelitzer Bahnwerk, die verbleibenden 49 Prozent liegen weiterhin bei der Prignitzer Eisenbahn GmbH, die zum Netinera-Konzern gehört.
Die im Juni 2019 gegründete BTH Beteiligungs GmbH gehört zur ENON-Gruppe, in der Tino Hahn Beteiligungs-manager ist. Das Neustrelitzer Werk ist damit im Verbund der regionalen Eisenbahnfachwerkstätten in Eberswalde, Meyenburg, Mukran und Wittenberge in guter Gesellschaft. Die ENON-Gruppe ist kompakt aufgestellt und umfasst die Sparten Güterverkehr, Personenverkehr, Werkstätten, Infrastruktur, Lager&Logistik sowie Ausbildung. Ein bekanntes „Gesicht“ in der hiesigen Region ist da vor allem die Hanseatische Eisenbahn - kurz „HANS“, die auf den Streckenabschnitten der Kleinseenbahn zwischen Neustrelitz und Mirow und der Südbahn zwischen Waren und Malchow im Personenverkehr unterwegs ist. Im Güterverkehr ist das Unternehmen in ganz Deutschland tätig, hat an exponierten Stellen in der Region Nordbrandenburg inzwischen auch Container-Umschlagplätze aufgebaut und organisiert dafür den gesamten Logistikbetrieb. „So werden beispielsweise in Meyenburg gefertigte Möbel in solchen Containern in den Hamburger Hafen transportiert. Vom Werk bis zum nahegelegenen Containerplatz geschieht das per Lkw, dann geht es auf Zügen von Wittenberge bis rauf nach Hamburg“ erzählt Tino Hahn und unterstreicht mit einem Beispiel, wie effektiv Bahnverkehr ist: „Mit unseren 60 Loks erbringen wir Leistungen wie 2500 Lkw an nur einem Tag“. Gerade beim allgegenwärtigen Thema Klimawandel dürfte dies ein gutes Beispiel dafür sein, wie man künftig mehr Güterverkehr auf die Schiene bekommt.
Doch zurück zum Werk, das künftig wieder den Namen „Ostmecklenburgisches Bahnwerk“ OMB tragen wird, wie übrigens schon vor einigen Jahren. „Unser Ziel ist es, das Werk zu erhalten, zu stärken und künftig auch auszubauen. Wir trauen uns das zu“, ist Geschäftsführer Tino Hahn überzeugt. Die Voraussetzungen dafür sind ausgesprochen gut. Zum einen können hier Fahrzeuge der eigenen Flotte gepflegt und gewartet werden, zum anderen - und das ist das Hauptgeschäft - bietet das OMB-Werk diesen Service auch für alle anderen Eisenbahn-Verkehrs-Unternehmen an. Und so stehen in der riesigen Werkhalle Triebzüge der Norwestbahn neben Fahrzeugen aus Oberbayern und Reisezugwagen unterschiedlichster Eigentümer. Auch einige Loks der Baureihe 232 stehen auf den Gleisen zur Hauptuntersuchung. Sie waren einst der Grund für den Bau des Werkes und erhielten hier eine Abnahmeuntersuchung und es wurden Fristarbeiten daran ausgeführt.
Technisch ist das Ostmecklenburgische Bahnwerk auf dem neuesten Stand. Besonders zu erwähnen ist hierbei die Radsatz-Unterflurdrehbank. Davon gibt es deutschlandweit nur wenige Exemplare für Eisenbahnfahrzeuge. Vorteil dieser Technologie ist, dass die Drehgestelle bzw. Radsätze der Fahrzeuge zum Bearbeiten nicht extra ausgebaut werden müssen. Das spart viel Zeit und natürlich auch Kosten. Daher wird diese Drehbank auch stark genutzt und ist tagtäglich im Einsatz.
140 Mitarbeiter einschließlich einiger Leiharbeiter sind im Schichtbetrieb im Werk tätig. „Wir sind besonders stolz auf hervorragend qualifizierte Mitarbeiter, die hier ihre wertvolle Arbeit verrichten. Unser Ziel wird es sein, ihnen auch künftig gute Arbeitsbedingungen zu bieten, Weiterbildungen zu ermöglichen und natürlich auch eine angemessene Bezahlung zu gewährleisten“, macht Tino Hahn deutlich. Auch das Thema Berufsausbildung hat für den Geschäftsführer einen hohen Stellenwert. „Wir bilden bei uns gegenwärtig Mechatroniker und Elektroniker aus und es sind auch wieder Ausbildungsplätze für Industriekaufleute geplant“, informiert Tino Hahn.
Das Werk Neustrelitz wurde 1973 von der damaligen Deutschen Reichsbahn in Betrieb genommen. Bereits 1968 hatte die zentrale Plankommission der DDR dazu einen Beschluss gefasst. Hintergrund war die deutlich gestiegene Leistungsfähigkeit des Rostocker Seehafens und das damit steigende Transportaufkommen. Mehr Triebfahrzeuge forderten größere Instandhaltungskapazitäten. Nach dem 1993 erfolgten Zusammenschluss von Reichs- und Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG sank der Stern des Werkes.
Im Jahr 2000 beschloss die Deutsche Bahn dann die Neuordnung ihrer Werklandschaft, wonach das Neustrelitzer Werk geschlossen werden sollte. Nach zähen Verhandlungen übernahmen die Hugo Stinnes AG und die Prignitzer Eisenbahn-Holding das Werk und nahm am 1. Februar 2003 als „Ostmecklenburgische Bahnwerk GmbH“ die Arbeit auf. Weitere Änderungen der Beteiligungsstrukturen folgten, zuletzt gehörte das Werk dem Netinera-Konzern. Nun kommt man wieder zurück zu den Wurzeln.
Fotos: B. Wüstemann
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