Müritzeum: Sammeln, Bewahren, Forschen und Vermitteln - Ein Mecklenburger in Afrika
Waren. Das Müritzeum in Waren(Müritz) ist nicht nur ein Museum, sondern auch zugleich das große Naturerlebniszentrum in der Mecklenburgischen Seenplatte. Auf etwa 2.300 Quadratmetern Fläche werden Ausstellungen zu Natur und Umwelt, zur Landes- und Sammlungsgeschichte gezeigt. Deutschlands größte Aquarienfläche für heimische Süßwasserfische umfasst derzeit 26 Becken mit ca. 200.000 Litern Fassungsvermögen. Die Naturhistorischen Landessammlungen für Mecklenburg-Vorpommern sind Bestandteil der im Jahr 2007 in Waren gegründeten MÜRITZEUM gGmbH. Die Anfänge der Sammlungen gehen auf eine Museumsstiftung aus dem Jahre 1866 zurück. In den Naturhistorischen Landessammlungen für Mecklenburg-Vorpommern im Müritzeum werden seit mehr als 150 Jahren Tiere, Pflanzen und Gesteine als Belege unserer heimatlichen Natur gesammelt und bewahrt, aber auch Bücher, Fotos und Dokumente rund um dieses Thema
„Jedes Sammlungsstück besitzt eine interessante Geschichte. Diese zu erforschen und sie im Rahmen von Ausstellungen oder durch Veröffentlichungen bekannt zu machen, gehört zu den Hauptaufgaben von Sammlungskuratoren“, verdeutlich Renate Seemann. Einst stand sie als Leiterin in Diensten des Müritz-Museums, später war sie Abteilungsleiterin für Sammlungen, Ausstellungen und Forschung im Müritzeum. Auch nach dem Renteneintritt ist sie noch immer ehrenamtlich hier tätig und kümmert sich mit viel Engagement um die Katalogisierung von Sammlungszugängen, die Einarbeitung und Inventarisierung von Dokumenten und Objekten. Häufig stößt sie dabei auf interessante Ereignisse, die mit den Sammlungszielen des Müritzeums in unterschiedlichsten Zusammenhängen stehen.
Eine solche spannende Geschichte verbirgt sich im Nachlass des Schweriner Hofkonservators Carl Knuth. Dieser hatte von 1887 bis zu seiner Geschäftsauflösung im Jahr 1923 für das Warener Museum zahlreiche Präparate angefertigt. Nach seinem Tod im Jahr 1940 sollte das Museum vor allem die zahlreichen Vogelpräparate erhalten, die sich noch in Knuth`s Sammlung befanden. Doch zunächst blieb alles im Besitz seiner Schwester Hedwig in Bad Doberan. Erst nach ihrem Ableben 1951, kam der Nachlass ins Museum. Er umfasste nicht nur Präparate, sondern auch Erinnerungsstücke und Fotos, die mit einem besonderen Ereignis im Leben von Carl Knuth verbunden waren. Im Jahr 1905 hatte er als Präparator an der Reise von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg in die damalige deutsche Kolonie Ost-Afrika teilgenommen. Für Carl Knuth, der 1863 in dem kleinen vorpommerschen Dorf Warnekow bei Lassan als Sohn eines Schäfers das Licht der Welt erblickt hatte, war das eine beispiellose Karriere. Mit viel Fleiß und großer Zielstrebigkeit hatte er seinen Berufsweg verfolgt. Mit 23 Jahren gründete er am Stadtrand von Schwerin sein Kunstgewerbliches Atelier und erweiterte seinen Kundenkreis stetig. Auch am Großherzoglichen Hof fanden sich zahlreiche Jäger, die seine Dienstleistungen in Anspruch nahmen. So erwarb er sich als Präparator einen guten Ruf, der ihm auch Aufträge für die Sammlung des Großherzogs verschaffte. Sein Ziel, einen Hoftitel zu erlangen, erreichte er 1893, als er zum „Hofconservator“ ernannt wurde. Die Aufforderung an der Reise von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg teilzunehmen, bedeutete für ihn ein weiteres Zeichen der Wertschätzung durch den Schweriner Hof.
Die Reise begann am 24.Januar 1905 in Neapel und endete am 23. Mai in Genua. Die Route führte zunächst über Port Said, durch den Suezkanal nach Mombasa in die damalige Kolonie Britisch Ost-Afrika. Mit der Ugandabahn ging es an den Victoriasee und mit dem Schiff nach Schirati in Deutsch Ost-Afrika. Hier wurden von einheimischen Stämmen Träger angeworben, die sowohl die gesamte Ausrüstung, als auch später die Ausbeute der Großwildjagd transportieren mussten. Einen längeren Bericht über den Verlauf der Expedition gibt Herzog Adolf Friedrich selbst, nachzulesen im Abdruck seines Vortrages „Meine Reise in Deutsch-Ostafrika“, den er 1906 vor verschiedenen Militärvereinen gehalten hat. Hochachtungsvoll spricht er dort auch über den Fleiß und die Zähigkeit seines Präparators, der am Ende eines langen Marsches durch die Hitze der Savanne, bis zum Anbruch der Nacht mit der Konservierung von Fellen und Trophäen beschäftigt war.
Die Jagd in der afrikanischen Savanne, die Schiffsreisen auf dem Victoriasee und die Begegnungen mit fremden Kulturen, alles wurde auf unzähligen Fotos festgehalten. Diese Fotos sucht man im Landeshauptarchiv bis heute vergeblich. Nur wenige Aufnahmen sind durch ihren damaligen Abdruck in Zeitungen oder im Reisebericht des Herzogs für Historiker überliefert. Neuere Publikationen greifen immer wieder auf diese zurück. So handelt es sich bei den mehr als 260 Afrika-Fotos im Nachlass von Carl Knuth um einen ganz besonderen Schatz, der nicht nur für Historiker interessant ist. Da die Fotos unbeschriftet sind, ist eine Recherche der Aufnahmeorte, -motive und der abgebildeten Personen eine wichtige Vorarbeit für die Katalogisierung des Bestandes. Eine fachgerechte Digitalisierung ist ebenfalls geplant. Doch nach mehr als 100 Jahren sind viele Fotos, wie auch das ganze Fotoalbum in einem schlechten Erhaltungszustand und müssen zunächst dringend restauriert werden.
Wertvolles Kulturgut zu bewahren ist eine Aufgabe, der sich Museen regelmäßig stellen müssen und für die sie jede Unterstützung dankbar annehmen.
Titelbild/Bild1: "Knuth" 1905 begleitete Carl Knuth (li. im Hemd) Herzog Adolf Friedrich auf seiner
Bild2: "Knuth Präparator"
Das Foto zeigt Carl Knuth bei seiner Arbeit, der Präparation eines Löwen.
Bild3: "Album: "
Das sanierungswürdige Fotoalbum von der Ostafrika-Reise
Fotos: Sammlung Müritzeum, B. Wüstemann (1)
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